Fünf Tage nach dem unglücklichen Ausscheiden im DFB-Pokal gegen Union Berlin (4:6 n.E.) hat der FSV Gütersloh selbst das Glück für sich in Anspruch genommen. Zum Start der neuen Saison in der 2. Frauen-Bundesliga besiegten die Fußballerinnen am Sonntag den SC Sand mit 3:1. „Wenn der Gegner die Dinger nicht macht und wir mit deutlich weniger Chancen drei Tore schießen, müssen wir uns nicht schämen“, sackte Daniel Fröhlich die drei Punkte ohne schlechtes Gewissen ein. Jacqueline Baumgärtel erlöste den Cheftrainer und den FSV-Anhang in der 85. Minute, als sie für ihr stark unter Druck stehendes Team per Konter das 3:1 erzielte. In der ersten Halbzeit hatten Shpresa Aradini (23.) und Ronja Leubner (39.) die Gütersloherinnen mit Distanzschüssen aus über 30 Metern in Führung gebracht. Sarah Klotz (38.) hatte zwischenzeitlich für den Aufstiegskandidaten aus dem Ortenaukreis zum 1:1 ausgeglichen. Dass der FSV zusammen mit dem 1. FC Nürnberg als Tabellenführer aus dem ersten Spieltag hervorging, trug bei den 100 Zuschauern zur guten Laune in der Tönnies-Arena bei.
Anders als im Pokalspiel standen unserem Trainerteam nach überstandener Corona-Infektion sowohl Merle Hokamp und als auch nach ausgeheilter Oberschenkelzerrung Jacqueline Baumgärtel zur Verfügung. U19-Nationalspielerin Hokamp stand sofort in der Startformation, und zwar im zentralen Mittelfeld auf der Position acht. Melanie Schuster begann als Sechserin, wechselte aber schon nach einer Viertelstunde in die Innenverteidigung, wo Fröhlich von Vierer- auf Dreierkette umstellte. Ohne zu glänzen war der FSV das etwas bessere und nach vorne gefährlichere Team. Nach einem ersten, noch neben dem Tor landenden Abschluss von Marie Schröder (17.) schlug es in der 23. Minute hinter Sand-Keeperin Stella Busse ein. Shpresa Aradini hatte aus dem rechten Halbfeld aus fast 35 Metern mit rechts abgezogen, und der perfekt getroffene Ball strich über Busse hinweg in die Maschen. „Ich hatte vorher schon gesehen, dass die Torhüterin etwas weit rauskommt und habe es einfach versucht“, schilderte die 30-Jährige ihren Husarenstreich. Nur eine Minute später zeigte die Nummer 1 der Gäste aber ihre Klasse, als sie einen Schuss der ähnlich wie im Pokalspiel über halblinks durchgestarteten Marie Schröder mit einem Klassereflex abwehrte.
Auch der SC Sand, bei dem die Ex-Gütersloherin Leonie Kreil wegen einer im Training erlittenen Knieverletzung passen musste, machte mit der zweiten Chance sein erstes Tor. Zunächst hatte Paige Alicia Bailey Gayle in der 32. Minute unsere Kapitänin Sarah Rolle zu einer Parade gezwungen. Die 22-jährige jamaikanische WM-Teilnehmerin war erst wenige Tage zuvor vom britischen Zweitligisten Newcastle United nachverpflichtet worden. Dann nutzte Sarah Klotz einen Abwehrfehler von Celina Baum zu einem 14-Meter-Flachschuss, der in der 38. Minute zum 1:1 im rechten Eck einschlug. Keine 60 Sekunden später führte der FSV allerdings erneut. Diesmal war es Ronja Leubner, die aus großer Entfernung abzog und den Ball unhaltbar in Winkelnähe versenkte. „So ein Tor habe ich noch nie geschossen“, wunderte sich die 19-Jährige fast ein wenig selbst über den Strahl. Eigentlich hätte der FSV sogar mit einer Zwei-Tore-Führung in die Pause gehen müssen, doch Marie Schröder übersah in der 44. Minute nach einem tollen Doppelpass mit Shpresa Aradini die eingelaufene Finja Kappmeier. Stattdessen wählte „Curly“ einen Schuss aufs kurze Eck, doch Stella Busse wehrte den Ball ab.
Aus der Pausenkabine kam der FSV ohne die leicht gezerrte Celina Baum und mit Merle Hokamp als Teil der Abwehrkette. Die musste fast immer in Fünferreihe verteidigen, weil der SC Sand nun mehr Zweikämpfe gewann und mehr nach vorne warf. Die eigenen Ballbesitzphasen wurden immer kürzer, und Entlastung funktionierte lange Zeit überhaupt nicht – die Gütersloherinnen verloren zunehmend den Zugriff auf die Partie. Richtig Glück hatten sie erstmals in der 52. Minute als Marie Schröder nach einer Sand-Ecke im Torraum auf den Ball fiel und ihn unbeabsichtig unter dem Arm einklemmte. Trotz aller „Hand-Schreie“ blieb der Elfmeterpfiff von Schiedsrichterin Lara Wolf (Wilhelmshaven) aus. Das Team von SC-Trainer Alexander Fischinger vergab in der Folge selbst beste Chancen zum verdient gewesenen Ausgleich. Bailey Gayle schoss aus 14 Metern freistehend vorbei (68.), Finja Kappmeier rettete für die überwundene Sarah Rolle kurz vor der Torlinie (81.), und ein Kopfball nach einer Ecke klatschte an die Latte des FSV-Tores (83.). Als am Rande schon die Sekunden gezählt wurden, gelang es den Gastgeberinnen doch noch, einen vernünftigen Vorstoß zu starten. Verantwortlich dafür waren zwei in der 57. Minute eingewechselte Spielerinnen: Linda Preuß eroberte 15 Meter vor dem eigenen Strafraum den Ball, trieb ihn bis zur Mittellinie nach vorne und bediente dann die auf halblinks in die Spitze startende Jacqueline Baumgärtel. Die 22-Jährige übersprintete Denise Landmann und schob den Ball an Stella Busse vorbei ins lange Eck.
Klar, dass der Jubel bei den erschöpften FSV-Spielerinen groß war. Daniel Fröhlich und Co-Trainer Rainer Borgmeier freuten sich mit, machten aber auch klar: „So dürfen wir in Hamburg nicht auftreten.“ Am nächsten Sonntag, 14 Uhr, bestreitet der FSV Gütersloh das erste Auswärtsspiel Saison. Gegner ist mit dem Hamburger SV wieder ein Aufstiegskandidat. Der HSV hatte die Saison am Samstag mit dem Gastspiel bei Union Berlin offiziell eröffnet und vor der Zweitliga-Rekordkulisse von 5.508 Zuschauern ein 2:2 erreicht.
FSV Gütersloh: Rolle – Kappmeier, Stojan, Schmidt, Baum (46. Bultmann) – Schuster – Tellenbröker (81. Rädeker), Hokamp – Schröder (57. Baumgärtel), Aradini, Leubner (57. Preuß).
Im Aufgebot: Kilic, Wisniewski, Tappe, Krumme (Tw).
SC Sand: Busse, Klotz, Landmann, Gaugigl (72. Schaer), Griß (81. Wiesner) – Bantle – Homann, Matuschewski, Takizawa, Bailey Gayle (76. Tsaroucha) – Way (76. Ebels).
Im Aufgebot: Baum (Tw).
Schiedsrichterin: Lara Wolf (Wilhelmshaven); Gelbe Karten: Baum – Klotz.
Ecken: 4:5 (2:2); Chancen: 6:10.
Tore: 1:0 (23.) Aradini, 1:1 (38.) Klotz, 2:1 (39.) Leubner, 3:1 (85.) Baumgärtel.