Im Kampf um „Bonuspunkte“ für den Klassenerhalt schrammte der FSV Gütersloh nur ganz knapp an einer Überraschung vorbei. Beim Zweitliga-Spitzenreiter 1. FC Nürnberg brachten die Gütersloherinnen ihre frühe Führung nicht ins Ziel, sondern verloren durch einen Treffer in der 82. Minute mit 1:2. „Kämpferisch hätten wir definitiv einen Punkt verdient gehabt“, urteilte Cheftrainer Daniel Fröhlich, nach einer Partie, in der sein Team eine ganz andere läuferische Bereitschaft und ein ganz anderes Zweikampfverhalten an den Tag legte, als vor drei Wochen beim 0:6-Heimdebakel gegen den FC Ingolstadt. Die Belohnung blieb leider aus, aber die befürchtete Bestrafung zum Glück auch: Weil die drei Tabellenletzten allesamt verloren, wahrte der FSV als Tabellenzehnter den Vorsprung von vier Punkten vor einem Abstiegsplatz. Vergrößern kann er ihn möglicherweise, wenn ihm im Hinrundenfinale am Sonntag, 15. Dezember, in der heimischen Tönnies-Arena ein (Teil-)Erfolg über den Tabellenzweiten 1. FC Union Berlin gelingt.
Dass die Stimmung in der FSV-Delegation trotz der prekären Tabellensituation schon auf der Hinreise am Samstag prächtig war, lag auch an einer Überraschung. Ohne dass die Spielerinnen und der Trainerstab davon wussten, war die verletzte Shpresa Aradini in den Bröskamp-Bus „geschmuggelt“ worden. Als sie nach ein paar Autobahn-Kilometern plötzlich aus dem WC trat, wurde es laut. Mit der 30-Jährigen, deren motivierender Teamspirit auf und neben dem Platz fehlt, war das Abschlusstraining beim Zwischenstopp im nordhessischen Guxhagen trotz ernsthafter Arbeitshaltung ein Vergnügen. Für manchen war auch überraschend, mit welcher Anfangself der FSV am Sonntag in Nürnberg auf den Max-Morlock-Platz auflief. Anstelle von Nele Schmidt (gelbgesperrt), Linda Preuß und Gizem Kilic waren diesmal Lea Bultmann und Celina Baum nominiert – und auch die aus der „Zweiten“ hochgezogene Pauline Berning. „Die Qualität sprach für sie“, erklärte Daniel Fröhlich, warum er die 23-Jährige, die ihr letztes von 44 Zweitligaspielen vor drei Jahren bestritten und danach ihre Karriere wegen mehrerer Ermüdungsbrüche im Fuß lange unterbrochen hatte, als hängende Sturmspitze neben Jacqueline Baumgärtel ins Rennen schickte.
Die Partie lief gerade mal 28 Sekunden und acht Ballkontakte, da schockte der FSV Gütersloh die Gastgeberinnen mit dem 1:0-Führungstreffer. Finja Kappmeier hatte aus der eigenen Hälfte heraus einen flachen Steilpass mit perfektem Timing in den halblinken Raum hinter die Nürnberger Abwehrkette gespielt. Jacqueline Baumgärtel war schneller als FCN-Verteidigerin Annelie Thöle und schob den Ball eiskalt an Keeperin Hannah Etzold vorbei ins lange Eck – ihr achter Saisontreffer. Diese Führung hielt bis zur 64. Minute an, obwohl der Spitzenreiter schon vorher mehrere Möglichkeiten zum Ausgleich hatte. Erst vergab Nastassja Lein einen Hochkaräter (9.), dann zeigte Torhüterin Sarah Rolle ihre Klasse bei Kopfbällen von Klara Svensson Senelius (19.) und Medina Desic (35.). Aus dem Spiel heraus ließ der kompakt verteidigende FSV kaum gegnerische Chancen zu, aber bei Ecken und Freistoß-Hereingaben wurde Nürnberg immer gefährlich. „Leider haben wir es nicht geschafft, ein zweites Tor nachzulegen“, bedauerte Daniel Fröhlich. Dabei hatte der Coach vor allem die Szene aus der 32. Minute im Blick, als Pauline Berning nach einer Flanke von Celina Baum aus 14 Metern mit links stark abschloss, FCN-Keeperin Etzold aber glänzend reagierte. Direkt anschließend hatte nach der von Merle Hokamp getretenen Ecke auch Lilly Stojan noch eine Kopfballchance – auch hier war Etzold zur Stelle.
In der zweiten Halbzeit musste der FSV erst wieder zwei Nürnberger Ecken überstehen (Stojan klärt auf der Linie, Thöle köpft auf die Latte), bevor ihm in der 48. Minute eine Chance geraubt wurde. Der sauber ausschauende Ballklau von Pauline Berning gegen Thöle an der Strafraumgrenze wurde von Schiedsrichterin Theresa Hug umstritten als Foul gewertet. Mit der in der 55. Minute erfolgten Auswechslung von Jacqueline Baumgärtel, die nach fast dreiwöchiger verletzungsbedingter Trainingspause keine Kraft mehr hatte, war dem FSV seine schärfste Konteroption genommen. Deswegen ging es nach dem 1:1-Ausgleich durch Medina Desic (64.), natürlich nach einer Ecke, fast nur noch darum, den einen Remis-Punkt zu verteidigen. Außer einem 18-Meter-Versuch von Lea Bultmann (67.), der das Tor weit verfehlte, kam der FSV zu keinem Abschluss mit Aussicht auf eine erneute Führung. Und als die montenegrinische Nationalspielerin Desic in der 82. Minute eine Flanke von Nastasja Lein zum 2:1 für Nürnberg einköpfte, ahnte man schon, dass die Gütersloherinnen leer ausgehen würden. Daniel Fröhlich gab danach zwar Innenverteidigerin Merle Hokamp fürs Mittelfeld frei, und mit Gizem Kilic kam die einzige auf der Bank noch verfügbare Stürmerin in die Partie. Doch mehr als ein problemlos gehaltener 22-Meter-Schuss war für die Gäste nicht drin. Immerhin – und auch das ist ein Fortschritt – brach der FSV nach dem Rückstand nicht auseinander. Weil Chiara Tappe (87.) und Sarah Rolle (88.) noch zweimal beherzt einschritten, kassierte man in der Schlussphase keinen weiteren Gegentreffer mehr.
1. FC Nürnberg: Etzold – Svensson Senelius, Thöle, Steck – Meroni, Guttenberger, Brengel (87. Brunmair), Salfelder (41. Scholz) – Mai (73. Bauereisen) – Desic, Lein (90.+2 Mailbeck). Im Aufgebot: Felix, Kerim-Lindland, Krammer (Tw).
FSV Gütersloh: Rolle – Baum, Stojan, Hokamp, Kappmeier (84. Tappe) – Leubner (77. Preuß), Tellenbröker, Schuster, Bultmann (84. Kilic) – Berning, Baumgärtel (55. Rädeker). Im Aufgebot: Zitzer, Krumme (Tw).
Schiedsrichterin: Theresa Hug (Schramberg). Gelbe Karten: Lein, Steck, Ostendorp (Trainer) – Baum.
Zuschauer: 654.
Ecken: 9:2 (4:2); Chancen: 8:3 (4:3).
Tore: 0:1 (1.) Baumgärtel, 1:1 (64.) Desic, 2:1 (82.) Desic.