Gebeutelt von einer Krankheitswelle hat sich der FSV Gütersloh mit einer Ergebniskrise in die Winterpause der 2. Frauen-Bundesliga verabschiedet. Das arg dezimierte und gesundheitlich angeschlagene Team von Cheftrainerin Britta Hainke und Trainer Sammy Messalkhi verlor das letzte Hinrundenspiel gegen den Hamburger SV mit 0:3. Es war nach dem 0:4 gegen den SC Sand und dem 1:4 beim FC Bayern München II die dritte klare Niederlage in Folge. In der Tabelle fiel der wegen des prächtigem Saisonstarts als Aufstiegskandidat gehandelte FSV auf Rang acht zurück. „Wir müssen zusehen dass wir stabil werden und überhaupt wieder punkten“, sagte Hainke angesichts des Abwärtstrend in der Tabelle. Bei den Aufsteigerinnen aus Hamburg herrschte dagegen eitel Freude. Sie feierten vor ihrem lautstarken Anhang in der Tönnies-Arena den Herbstmeistertitel.
Einer, der auf dem Platz in seiner typischen Unaufgeregtheit mitfeierte, war Horst Hrubesch. Der Bundestrainer, seit 2020 als Nachwuchsdirektor eine Triebfeder für das Comeback des HSV auf der Frauenfußball-Bühne, hatte sich an der Stadionkasse nicht als Funktionär ausgewiesen, sondern eine normale Tageskarte gekauft. Natürlich blieb er nicht unerkannt. Nachdem der 72-Jährige vor dem Anpfiff zahlreiche Autogramm- und Selfie-Wünsche vor allem von jugendlichen Fans erfüllt hatte („Horst, können wir ein Foto machen?“), verfolgte er die Partie auf der Tribüne neben Lena Goeßling sitzend. Die Ex-Gütersloherin und 106-fache Nationalspielerin hatte vergangene Woche mit Merle Hokamp das 16-jährige Toptalent des FSV unter die Fittiche der Agentur genommen, für die sie inzwischen als Spielerberaterin tätig ist.
„Das Spiel war nach sieben Minuten entschieden, und dann haben sie es nicht mehr losgelassen.“ Der Kommentar von Horst Hrubesch nach dem Schlusspfiff war im Prinzip richtig, wobei die zeitliche Bemessung sogar nach großzügig war. Seine Hamburgerinnen führten nämlich schon nach vier Minuten mit 2:0. Beim ersten Tor in der 2. Minute hatte Nele Schmidt den Ball in einer brenzligen Situation an der linken Außenseite erst stark erobert, dann aber einen Blackout-Pass in den Strafraum genau vor die Füße von Larissa Mühlhaus gespielt. Beim zweiten Tor war Lisa Baum bei einer vom FSV nicht verhinderten Hereingabe von der rechten Abwehrseite am kurzen Pfosten mit der Fußspitze zur Stelle.
Beide Male holte Leah Blome den Ball aus dem Netz. Die 17-Jährige, bisher lediglich einmal in der Schlussphase eingewechselt, feierte ihr Startelfdebüt im FSV-Tor. Nötig war das, weil Stammkeeperin Sarah Rolle wegen Corona ausgefallen war und damit das „Lazarett“ auf sieben Spielerinnen angewachsen war. Eigentlich hätte mit Ronja Leubner eine achte Spielerin pausieren müssen, doch die von einem Infekt geschwächte 19-Jährige probierte es zunächst, um dann einzusehen, dass die Kraft nicht reicht. Zu kompensieren versuchte das Trainerteam die Personalprobleme durch die erstmalige Nominierung von Leandra Kammermann und Janne Krumme für das Zweitliga-Aufgebot. Auf der Bank saßen mit Johanna Burholz, Olivia Zitzer und Janne Krumme zudem drei Spielerinnen, die noch keinen Zweitligaeinsatz hatten. Vor allem aber feierte mit Paula Reimann eine Spielerin ihr sofortiges Comeback in der Anfangself, die monatelang wegen gesundheitlicher Probleme pausiert hatte. „Es kam etwas überraschend, ich habe nicht eine einzige Woche durchtrainiert“, staunte die 21-jährige selbst ein wenig, dass sie erst im Mittelfeld und dann in der Innenverteidigung 90 Minuten durchhielt und dabei eine der besten Gütersloherinnen war. Den Spielverlauf und die Niederlage fasste Paula Reimann wie folgt treffend zusammen: „Wir haben zu viele individuelle Fehler gemacht und hatten zu viele Ballverluste. Es hat vorne und hinten nicht gepasst.“
Angesichts der personellen Ausgangslage und der beiden frühen Nackenschläge fand es Britta Hainke „beeindruckend, dass wir nicht eingebrochen sind und nicht deutlich höher verloren haben.“ Tatsächlich hatte der FSV durch Marie Schröder (16.), die aus spitzem Winkel an HSV-Torfrau Jolina Zamorano scheiterte, sowie Jacqueline Baumgärtel (21.), die eine Schröder-Hereingabe nur knapp verpasste, sogar zwei Möglichkeiten zum Anschlusstreffer. Und auch nach dem 0:3, einer im langen Eck landendenden 40-Meter-Freistoßhereingabe, von der sich Leah Blome überraschen ließ, ließ sich das Team nicht hängen. Blome bewies mit zwei ganz glänzenden Aktionen gegen die herausragend starke HSV-Mittelstürmerin Melina Krüger (35., 85.) ihr Potenzial. Zu einem Ehrentreffer für unser bemühtes, aber nur selten bis in den Strafraum vordringendes Team reichte es nicht. Einen satten 18-Meter-Schuss von Lea Bultmann wehrte Jolina Zamorano mit einer Parade ab (80.), und ein Kopfball von Lilly Stojan nach dem ersten Gütersloher Eckstoß in der 87. Minute wurde kurz vor der Torlinie geklärt.
Nach einer Weihnachtspause bitten Britta Hainke und Sammy Mesalkhi die Spielerinnen am 5. Januar 2024 wieder zum Training. Die Rückrunde der 2. Frauen-Bundesliga startet für den FSV am 18. Februar bei der im Hinspiel mit 2:0 besiegten U20 von Eintracht Frankfurt.
FSV Gütersloh: Blome – Baum, Schmidt (89. Zitzer), Hokamp (56. Bultmann), Deppe – Tellenbröker – Leubner (46. Wahle), Reimann, Aradini – Schröder (79. Stojan) , Baumgärtel.
Im Aufgebot: Kammermann, Burholz, Kappmeier, Krumme (Tw).
Hamburger SV: Zamorano – Braun, Hirche, Dönges – Sierra (46. Profé), Stoldt (90.+1. Schittek), Stöckmann, Schulz (58. Marquardt), Baum (71. Woelki) – Mühlhaus (90.+1 Fischer), Krüger.
Im Aufgebot: Böhler, Günther, Raab, Thomas (Tw).
Schiedsrichterin: Nadine Westerhoff (Bochum). Gelbe Karte: Baum (FSV).
Zuschauer: 374.
Tore: 0:1 (2.) Mühlhaus, 0:2 (4.) Baum, 0:3 (31.) Mühlhaus.