Ein Wechselbad der Gefühle mit Happyend – in diese emotionale Achterbahn nahm der FSV Gütersloh seine Anhänger im ersten Heimspiel der Zweitliga-Rückrunde mit. Nach einer ganz schwachen ersten Halbzeit und einem 0:1-Pausenrückstand erzielte Marie Schröder in der zweiten Minute der Nachspielzeit mit der letzten Aktion des Spiels den 2:1-Siegtreffer über den SV 67 Weinberg. „Dass wir das geschafft haben, ist wertvoller als wenn wir das Spiel 3:0 gewonnen hätten“, sagte Cheftrainerin Britta Hainke zu der mentalen Willensleistung ihres Teams. Wichtig war der erste „Dreier“ nach sechs sieglosen Spielen auch für die Tabelle. Der FSV verbesserte sich um einen Platz auf Rang sieben und vergrößerte den Vorsprung vor dem nun vom SV 67 Weinberg belegten ersten Abstiegsplatz auf sieben Zähler. Und weil die Tabellenspitze am 15. Spieltag noch enger zusammenrückte, verringerte sich der Rückstand auf einen Aufstiegsplatz von sieben auf fünf Punkte. „Mir sind viele Steine vom Herzen gefallen“, gestand unsere Cheftrainerin.
Zur Pause hatte es in der Tönnies-Arena eher nach Abstiegsgefahr gerochen. „Die Leistung war so abgrundtief schlecht, dass man davon ausgehen musste, dass wir dieses Spiel verlieren.“ Britta Hainke hatte keine Erklärung dafür, warum der FSV Gütersloh in der ersten Halbzeit ohne Struktur, ohne Ideen und und fast lethargisch agierte. Völlig zurecht lag das Team, in dem Leandra Kammernann ihr Zweitligadebüt feierte, mit 0:1 zurück. In der 43. Minute hatte die Rechtsverteidigern im Verbund mit Innenverteidigerin Nele Schmidt einen Weinberger Konter nicht entscheidend unterbinden können. Letztlich verwertete Anna Hofrichter ein Zuspiel der starken Maren Haberäcker. Gegen die mit kompakter Robustheit im 4-5-1 agierenden Gäste aus Oberfranken fand der FSV kein Mittel, um Torgefahr zu entwickeln. Einzige kleine Ausnahme war ein problemlos haltbarer Kopfball von Shpresa Aradini nach einer Kammermann-Flanke (45.). Auf der Gegenseite gerieten die Gütersloherinnen dreimal nach dem gleichen Muster in echte Bredouille (7., 13., 40.). Jeweils kam Solveig Schlitter nach einer Freistoß-Hereingabe aus dem Mittelfeld in beste Schussposition, ohne das Tor zu treffen oder FSV-Keeperin Sarah Rolle überwinden zu können.
Unser Trainerteam reagierte auf zweifache Weise. „Wir sind beide laut geworden“, berichtete Britta Hainke aus der Pausenkabine, wo Klartext geredet wurde: „So kann man kein Spiel gewinnen, selbst nicht in der Regionalliga.“ Und in Abstimmung mit Sammy Messalkhi nahm Hainke einen Dreifachwechsel vor: Hedda Wahle und Linda Preuß kamen ins Mittelfeld, und als Sturmspitze lief Katharina Rädeker zu ihrem ersten Zweitligaspiel auf, während Leandra Kammermann, Lena Strohtmann und Jacqueline Baumgärtel raus mussten. Tatsächlich aber wirkte mit dem Anpfiff der zweiten Halbzeit das gesamte Team, für das nun Finja Kappmeier rechts und Emilia Deppe links verteidigte, wie ausgewechselt. Und als Hedda Wahle in der 51. Minute mit einem ihrer typischen, ungefährlich ausschauenden Schüsse aus 18 Metern das 1:1 erzielte, wurde das Offensivspiel noch etwas entfesselter und mutiger. Shpresa Aradini traf nach einem schönen Zuspiel von Paula Reimann in der 56. Minute die richtige Entscheidung und wagte einen Heber über SVW-Keeperin Sandra Klug, verzog aber leicht mit links. Zwei Minuten später probierte sie es nach einer Schröder-Flanke mit einer artistischen Direktabnahme vom Elfmeterpunkt aus, aber der Ball flog über das Weinberger Tor.
Das Spiel egalisierte sich phasenweise wieder, doch mit der Einwechslung von Lilly Stojan und Melanie Schuster in der 77. Minute spielte das Trainerteam zwei weitere Trumpfkarten aus, von denen eine in der Nachspielzeit stach. Schuster, neuneinhalb Monate nach ihrem Achillessehnenriss erstmals wieder auf dem Zweitligaparkett, fing einen Weinberger Vorstoß im Mittelfeld ab und spielte einen genialen Diagonalball in den halbrechten Raum. Marie Schröder erlief ihn und überkurvte die entgegenkommende Torhüterin. Alle erwarteten den erlösenden Schuss ins verwaiste Tor, doch Schröder driftete weiter nach links und ließ sich durch zwei Gegenspielerinnen bedrängen. Schlussendlich bugsierte sie das Leder aber doch noch mit links flach an einem Abwehrbein vorbei ins lange Ecke. Der Rest war Jubel auf der Tribüne und auf dem Feld. „Mädels, wir sind wieder da“, jubelte Sammy Messalkhi im Mannschaftskreis und fasste die Partie emotional zusammen: „Spiel gedreht, Last-Minute-Tor gemacht und gewonnen – geiler geht nicht.“
Die nächste Partie bestreitet der FSV Gütersloh am Sonntag, 10. März (11 Uhr) bei der TSG 1899 Hoffenheim II. Der Tabellenvorletzte kassierte am 15. Spieltag eine 0:1-Niederlage beim FC Bayern München II.
FSV Gütersloh: Rolle – Kammermann (46. Wahle), Schmidt, Reimann (77. Schuster), Kappmeier (77. Stojan) – Tellenbröker, Deppe – Schröder, Aradini, Baumgärtel (46. Preuß) – Strothmann (46. Rädeker). Im Aufgebot: Bultmann, Blome (Tw).
SV 67 Weinberg: Klug – Arnold, A. Grimm, Hofmann, Kömm – Schlitter (85. Istrefaj), Wiesinger Ganßer, Hofrichter – Haberäcker – Wich (90. Mendt). Im Aufgebot: M. Grimm, Hasenfuß, Glaser (Tw).
Schiedsrichterin: Sarah Willms (Oldenburg). Gelbe Karten: Deppe, Stojan.
Zuschauer: 160
Chancen: 5:4 (1:4); Ecken: 4:1 (1:1).
Tore: 0:1 (43.) Hofrichter, 1:1 (50.) Wahle, 2:1 (90.+2) Schröder.