Allen widrigen Umständen zum Trotz hat sich der FSV Gütersloh im Kampf um den Klassenerhalt in der 2. Frauen-Bundesliga längst noch nicht aufgegeben. Nach einer beispiellosen Serie von zehn Niederlagen in Folge sendete der personell heftig gebeutelte Tabellenvorletzte am Sonntag mit einem 1:1-Unentschieden gegen den Aufstiegskandidaten SV Meppen ein starkes Lebenszeichen. Das reichte zwar nicht, um den Fünf-Punkte-Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz zu verkürzen, weil der SV Weinberg ebenso überraschend ein 0:0 beim FC Bayern München II holte. Aber für Markus Graskamp („Kompliment für eine tadellose Leistung, wir haben alles auf dem Platz gelassen“) und die Spielerinnen war der Auftritt gegen die favorisierten Emsländerinnen ein Beleg dafür, dass in den letzten fünf Saisonspielen noch etwas geht. „So wie heute müssen wir auch gegen die anderen Gegner Gas geben und bis zum Ende alles reinhauen“, sagte der Trainer.
Vor 250 lautstark anfeuernden Zuschauern erwies sich Klaus-Peter Reinert als Glücksbringer für die Gütersloherinnen. Der neue Förderer, der über seine Klaus-Peter Reinert Stiftung mit einer Gesamtzusage von 100.000 Euro wesentlich zur finanziellen Rettung des Vereins beiträgt, war gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Marie Hilpert erstmals bei einem FSV-Spiel in der Tönnies-Arena dabei. Vor dem Anpfiff entrollten Spielerinnen unter dem Applaus des Publikums ein großes Dankeschön-Banner. Großen Dank sprach auch Markus Graskamp aus. Er würdigte die Bereitschaft von vier Spielerinnen des Regionalligateams, die auf ihr Highlight-Derby gegen Arminia Bielefeld verzichteten, um sich für die von zahlreichen Ausfällen geschwächte „Erste“ zur Verfügung zu stellen. Während Leandra Kammermann und Olivia Zitzer auf der Bank blieben, feierten Julia Gärtner und Anna-Lena Meier in der Schlussphase ihr gelungenes Zweitligadebüt.
Die im 4-2-3-1 formierten Gastgeberinnen überraschten den Tabellenvierten möglicherweise mit ihrer Strategie, phasenweise hoch zu pressen. Jedenfalls kam das auf schnelle Außenstürmerinnen basierende Meppener Spiel in der ersten Halbzeit nicht wirklich zur Entfaltung, auch weil der FSV im zentralen Mittelfeld zweikampfstarke Präsenz zeigte. Melanie Schuster stach hier an ihrem 28. Geburtstag mit einem enormen Laufradius und sicherem Ballbesitz aus einem insgesamt überzeugenden Kollektiv noch etwas heraus. Zwar kam der SV Meppen zu zwei Möglichkeiten: Laura Bröring, final attackiert von der grandios verteidigenden Chiara Tappe, traf in der 10. Minute die Latte. Und die US-Amerikanerin Genesis Castrellon zwang FSV-Keeperin Janne Krumme in der 22. Minute zu einer starken Fußabwehr. Doch auch unser Team hatte Abschlüsse: Ronja Leubner, erstmals nach langer Verletzungsunterbrechung wieder in der Startelf, zirkelte den Ball in der 5. Minute aus 22 Metern über das Tor. Und Gizem Kilic, Torschützin bei der 1:5-Hinspielniederlage, setzte den von „Melli“ Schuster eroberten Ball in der 17. Minute aus 28 Metern recht knapp neben den Pfosten. Über ein 0:0 zur Pause hätte sich niemand beschwert, aber der FSV ging in der 43. Minute erstmals seit neun Spielen mal wieder mit 1:0 in Führung. Schuster brachte den Ball von der rechten Grundlinie aus mit Behauptungswillen in den Torraum, wo Ronja Leubner mit einem Flachschuss erfolgreich war.
Im zweiten Durchgang konnte der FSV das hohe Niveau der Arbeit gegen den Ball nicht mehr ganz halten, aber es blieb ein Duell auf Augenhöhe. Die fleißige Lea Bultmann nahm sich zwei Abschlüsse, ohne zu treffen (49., 58.), während Ronja Leubner (57.) nur minimal zu spät kam, um den abprallenden Ball nach einer Flanke von Kilometerfresserin Paula Weber im Torraum vor Meppens U19-Nationalkeeperin Thea Farwick zu erwischen. Das 1:1 für die Gäste in der 61. Minute war nur schwer zu verhindern. Chiara Tappe versuchte zwar noch, einen Meppener Konter im Mittelfeld durch eine Grätsche gegen Selma Licina zu stören, doch die montenegrinische Nationalspielerin konnte den Ball zur halbrechts vorpreschenden Virag Nagy zu passen. Die ungarische Nationalspielerin ließ Janne Krumme mit einem starken 15-Meter-Schuss in den langen Winkel keine Abwehrchance.
Wer nun befürchtet hatte, der FSV würde wie so oft nach einem Gegentor in sich zusammenfallen, sah sich getäuscht. Das auf dem Platz immer wieder von Rechtsverteidigerin Nele Schmidt gecoachte und nach vorne gepeitschte Team kombinierte sich mutig und mehrfach gekonnt ins letzte Angriffsdrittel und in die torgefährliche Zone. Die unermüdliche Linksverteidigerin Finja Kappmeier mit einem 18-Meter-Schuss (65.), Melanie Schuster mit einem leider zu hoch angesetzten 16-Meter-Freistoß (76.), Ronja Leubner, die eine starke Flanke von Demi Pagel mit dem Kopf nur um Haaresbreite verpasste (85.), und Anna-Lena Meier mit einem am Winkel vorbei zischenden Versuch aus 12 Metern (90.+1) hatten Möglichkeiten zum zweiten Treffer. Noch einen höheren Wert in der Kategorie „Expected Goals“ hatten indes die beiden Meppener Chancen: Lilly Stojan musste in der 84. Minute unmittelbar vor der Torlinie gegen einen Schuss von Marleen Kropp retten, die zuvor die von Melanie Schuster zu kurz angespielte Janne Krumme umlaufen hatte. Und in der zweiten Minute der Nachspielzeit war es Finja Kappmeier, die gegen die frei aufs Tor zulaufende Ayleen Seyen zur Ecke klärte. „Das wäre die Oberkeule gewesen“, fuhr Markus Graskamp in dieser Szene der Schreck in die Glieder. So aber konnte der Cheftrainer des FSV Gütersloh seine Mädels („Heute seid ihr belohnt worden“) endlich mal wieder mit einem positiven Ergebnis in die nächste Trainingswoche schicken. Und die auf ihr Comeback wartende Shpresa Aradini stimmte im Kreis auf dem Platz mit relativ guter Laune ein Happy-Birthday-Ständchen für Melanie Schuster an.
Weiter geht es für die Gütersloherinnen am Sonntag, 20. April, bei Borussia Mönchengladbach. Nächster Heimgegner ist am Sonntag, 27. April, um 11 Uhr der SC Freiburg II.
FSV Gütersloh: Krumme – Schmidt, Tappe, Stojan, Kappmeier – Schuster, Bultmann (71. Tellenbröker) – Pagel, Leubner (87. Meier), Weber – Kilic (71. Gärtner). Im Aufgebot: Kammermann, Zitzer, Rolle (Tw).
SV Meppen: Farwick – Bleil, Göppel, Rolfes, Seyen – Licina, Lux (61. Hohm), Kossen – Nagy, Bröring (83. Kropp), Castrellon (77. Miyoshi). Im Aufgebot: Steenken (Tw).
Schiedsrichterin: Christina Junkers (Kaarst). Gelbe Karte: Schmidt.
Ecken: 1:7 (0:2); Chancen: 7:6 (3:3).
Tore: 1:0 (43.) Leubner, 1:1 (61.) Nagy.