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FSV Gütersloh 2009

Marie Schröder im Porträt: Comeback von „Curly“ mit voller Power

Wir haben was gegen Rassismus. Fußball verein(t) gegen Rassismus. (© Deutscher Fußball-Bund)

Magenta Sport, der Sender, der alle Spiele der Google Pixel Frauen-Bundesliga live überträgt, lässt derzeit in einem Halbzeit-Spot bekannte Fußballerinnen zum Thema Kreuzbandriss zu Wort kommen. Eine, die dort mitreden könnte, ist Marie Schröder vom FSV Gütersloh. Auch die 24-jährige Stürmerin des Zweitligisten hat ihre ganz spezielle Geschichte mit dieser schweren Knieverletzung. Sie erwischte es zunächst im Oktober 2016 als 17-Jährige, nachdem sie gerade ihre ersten vier Einsätze im Gütersloher Frauenteam verzeichnet hatte und für das Länderpokalturnier in die Westfalenauswahl berufen worden war. „Zum Abschied hat mir Britta viel Spaß gewünscht und gesagt: Aber verletz‘ dich nicht“, erinnert sich Schröder an die Bitte der FSV-Trainerin.

Doch im letzten Spiel gegen Bayern passierte es doch: Ein Foul, und das Kreuzband im linken Knie war lädiert. „Teilriss“ lautete die Diagnose. Die gute Nachricht: Die Ärzte waren der Meinung, man müsse nicht operieren, sondern können das Gelenk mit Muskelaufbau stabilisieren. „Ich bin immer mit dem Fahrrad zur Reha nach Bad Pyrmont gefahren“, schildert die aus Lügde (Kreis Lippe) stammende Fußballerin ihr ehrgeiziges Trainingspensum. Leider erwies sich die konservative Therapie als Trugschluss. Nach gut vier Monaten Pause knackte es beim Training im Sportzentrum Ost erneut im Knie. Jetzt stellte sich heraus, dass das Kreuzband auch schon beim ersten Zwischenfall komplett durchgerissen war – eine Operation beim FSV-Vereinsarzt Dr. Andreas Elsner im Klinikum Gütersloh war unumgänglich.

Welche Konsequenzen die Verletzung außerdem noch hatte? Davon später mehr. Zunächst einmal bedeutete sie das „Break“ in einer hoffnungsvollen Karriere als Fußballerin. Christian Franz-Pohlmann hatte Marie Schröder beim HSC BW Schwalbe Tündern entdeckt. Zu dem Hamelner Ortsteilklub war das Talent von ihrem Heimatverein TuS Westfälische Eiche Lügde gewechselt. Um die lokalen Ursprünge zu vervollständigen: Mit Zweitspielrecht war das Mädchen ein Jahr lang auch bei den Jungen des FC Inter Holzhausen aus Bad Pyrmont aktiv. Beim FSV Gütersloh startete Marie Schröder in der Saison 2015/2016 mit dem von Jacqueline Dünker trainierten U17-Bundesligateam sofort durch. Auf den Titelgewinn in der West/Südwest-Staffel (mit sieben Treffern der pfeilschnellen Angreiferin) folgte der Einzug ins DM-Finale, das mit 2:4 gegen Turbine Potsdam verloren ging. Kein Wunder, dass der damalige Frauentrainer Franz-Pohlmann sie früh oben mittrainieren ließ. Und er gab ihr (in Abgrenzung zur damaligen Top-Stürmerin Marie Pollmann) wegen ihrer blonden Lockenpracht auch den Spitznamen „Curly“.

Die Verletzung durchkreuzte aber nicht nur die fußballerischen, sondern zunächst auch die beruflichen Pläne von Marie Schröder, die ihr Abitur am Gymnasium im niedersächsischen Bad Pyrmont abgelegt hatte. „Einen Tag zuvor hatte ich meine Zusage von der Polizei bekommen“, denkt sie an den Schock zurück. Plötzlich stand die Tauglichkeit für den Polizeidienst in Frage. Nach Operation und Reha bestand sie ein Jahr später aber den medizinischen Check und konnte 2018 das Duale Studium in Münster beginnen. Dorthin, und nicht wie zunächst beabsichtigt nach Bielefeld, zog es sie, weil sie inzwischen mit Aaron, dem Bruder von FSV-Torhüterin Sarah Rolle liiert war. Nach drei Jahren endete die Ausbildung, seit 2021 versieht Marie Schröder ihren Streifendienst als Polizeikommissarin auf der Wache in Münster. „Der Job wird immer schwieriger, weil der Respekt uns gegenüber abnimmt – aber ich mache den Job echt gerne“, sagt sie mit Begeisterung in der Stimme.

Der Fußball war ganz klar zur Nummer zwei im Leben der Polizistin geworden. Zwar hatte sie in der Saison 2018/2019 noch einmal vier Kurzeinsätze in der „Ersten“, doch dann zog sie sich zurück und heuerte fest in der „Zweiten“ an, wo auch ihre langjährigen Freundinnen Svenja Hörenbaum und Janina Sauer spielten. „Der gemeinsame Spaß war mir wichtiger.“ Und sie gibt zu: „Ich hatte lange Zeit Probleme, vom Kopf her mit der Verletzung klar zu kommen. Da haben mir fußballerisch ein paar Prozente gefehlt.“ Immerhin reichte es, um 2022 mit dem Perspektivteam in die Regionalliga aufzusteigen und dort in der vergangenen Saison sieben Tore zum Klassenerhalt beizusteuern.

Als dann die Anfrage von Zweitligatrainer Sammy Messalkhi kam, war ihre erster Gedanke: „Auf gar keinen Fall.“ Doch nach Gesprächen mit ihrem Freund und ihren Eltern spürte sie: „Es hat doch gearbeitet in mir.“ Schließlich gab sie ihrem Bauchgefühl nach und entschied: „Wenn nicht jetzt, wann dann.“ Und ihrem Naturell entsprechend startete sie ihr „Comeback“ ohne angezogene Handbremse: „Ich hatte immer Spaß daran, mit voller Power Sport zu treiben. Ich wollte alles reinhauen und gleich das erste Spiel von Anfang an machen.“ Dass die Doppelbelastung von 2. Liga und Vollzeit-Beruf mit Schichtdienst eine Herausforderung darstellt, war ihr klar. „Es ist schwieriger, als ich vor der Saison dachte“, gibt sie zu und ist umso dankbarer für die Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen. Das ermöglichte es ihr zum Beispiel, nach dem Auswärtsspiel in Weinberg etwas verspätet zum Nachtdienst auf der Wache anzutreten.

Die Zwischenbilanz des FSV Gütersloh mit elf Punkten nach sechs Spieltagen findet Marie Schröder zufriedenstellend. Die Frage, ob es Punkte für den Aufstieg oder gegen den Abstieg sind, findet sie „fies“: „Man wird sehen, wer am Ende die notwendige Konstanz hat.“ Persönlich stehen fünf Nominierungen für die Startelf und das 1:0-Führungstor in Weinberg zu Buche, aber sie sieht Luft nach oben: „Ich muss noch an meinem Abschluss sowie am Festmachen der Bälle arbeiten.“ Weil Stürmerblut durch ihre Adern fließt, sagt sie natürlich auch: „Mir fehlen ein paar Tore.“ Das Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach, das wie fast immer ihre Eltern Kerstin und Frank sowie ihre drei Geschwister auf der Tribüne der Tönnies-Arena verfolgen werden, wäre die perfekte Gelegenheit, die Quote zu erhöhen. Und lauter Torjubel wäre ein weiterer kleiner Schritt, den Nachklang des Kreuzbandrisses aus dem Kopf zu verbannen.

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