Drumherumreden ist sinnlos und unglaubwürdig: Beim FSV Gütersloh schrillen die Alarmglocken. Die Fußballerinnen befinden sich im Abstiegskampf der 2. Frauen-Bundesliga. Wer das vergessen hatte und das Team nach dem jüngsten 3:0-Sieg in Freiburg im Aufwind wähnte, wurde am Sonntag auf schmerzlichste Weise in die Realität zurückgeholt. Der FSV kassierte mit dem 0:6 gegen den als Schlusslicht angereisten FC Ingolstadt die höchste Heimniederlage im 15. Jahr der Zugehörigkeit zum deutschen Unterhaus. Damit egalisierte das Team gleichzeitig den Gütersloher Negativrekord für ein Meisterschaftsspiel in der 2. Liga, den das Team am 1. September mit der 0:6-Klatsche beim Hamburger SV aufgestellt hatte. Angesichts des zunehmend wehrlosen Auftritts war Cheftrainer Daniel Fröhlich genauso wie das enttäuschte Publikum in der Tönnies-Arena konsterniert und flüchtete sich mit Verweis auf die vielen hohen Niederlagen in dieser Saison in bissige Übertreibung: „Ich verstehe das überhaupt nicht, wir kassieren 50.000 Gegentore. Irgendwann ist mal Schicht im Schacht.“ Tatsächlich summiert sich die Zahl der Gegentreffer in elf Spielen auf 29. Selbst die drei Teams, die aktuell auf den Abstiegsplätzen liegen, kommen nicht annähernd auf einen derart schlechten Wert. Statt den erhofften „Dreier“ gegen den Tabellenletzten einzufahren und sich damit auf Rang sechs zu verbessern, fiel der FSV auf Position zehn zurück und hat nur noch vier Punkte Vorsprung vor einem Abstiegsplatz. „Wir haben die gute Ausgangsposition verschenkt“, grantelte der Coach. Und die letzten beiden Hinrundenspiele verheißen nichts Gutes, denn es geht gegen Tabellenführer 1. FC Nürnberg und den Tabellenzweiten 1. FC Union Berlin. Eine halbe Stunde lang hielten die Gütersloherinnen hinten die Null – wenn auch nur durch eine Glanzblockade von Torhüterin Sarah Rolle im Eins-gegen-Eins-Duell mit der steil freigepassten Ingolstädterin Magdalena Schwarz (11.). Während der FSV vorwiegend bedächtig aufbaute, aber immer mal wieder mit Tempo angriff und vor allem ins Pressing ging, beschränkten sich die abwartenden Gäste auf seltene Umschaltsituationen. Ein 18-Meter-Flachschuss von Linda Preuß (9.) und eine Top-Kopfballchance für Gizem Kılıç (24.) machten Hoffnung auf baldigen Torjubel: Die wie erwartet im Sturm anspielende Kilic traf den Ball bei einer Flanke von Nele Schmidt freistehend nicht voll, und er landete neben dem Ingolstädter Tor. Die 1:0-Führung für die Gäste in der 30. Minute hatte sich nicht wirklich angedeutet: Nach einem unklaren Gütersloher Abwehrgewusel an der Strafraumgrenze kam der Ball zu Emma Kusch, die aus 14 Metern ins lange Eck vollendete. Vielleicht wäre es mit diesem knappen Rückstand in die Pause gegangen, wenn nicht Monique Panetta in der 39. Minute eine folgenschwere Fehlentscheidung getroffen hätte. Als FCI-Angreiferin Nadja Burkard im Dribbling vor dem rechten Gütersloher Strafraumeck auf dem Ball ausrutschte, entschied die Schiedsrichterin völlig überraschend auf Foul. Katharina Krist trat den Freistoß, und der Ball flog an der recht spät reagierenden Sarah Rolle vorbei, prallte an den langen Innenpfosten und von da zum 0:2 ins Netz. So viel Glück war Merle Hokamp in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit nicht beschieden – ihr 20-Meter-Freistoß ging knapp am langen Pfosten vorbei. Einen Rückstand aufzuholen war dem FSV Gütersloh in dieser Saison noch nicht vergönnt, und es sollte auch diesmal nicht gelingen. Schlimmer noch: Schon in der 49. Minute fing sich das abwehrschwache Team das 0:3 durch Stefanie Reischmann, die nach einem einfachen Zuspiel von der Torauslinie mit der Fußspitze schneller am Ball war als die Verteidigerinnen. Die Partie schien entschieden, und doch roch es kurz nach Aufholjagd, als Monique Panetta in der 59. Minute auf den Elfmeterpunkt zeigte. Maren Tellenbröker war beim Versuch, ein Dribbling von Ivana Slipcevic aus dem Strafraum heraus zu unterbinden, zu Fall gekommen. Lilly Stojan schoss mit dem flach und fast mittig getretenen Foulelfmeter aber die Ingolstädter Torhüterin Franziska Maier an – und die Köpfe beim FSV gingen noch mehr nach unten. Alle Versuche, irgendwie Torgefahr zu produzieren, schlugen schon im Ansatz fehl. Und in der Gegenrichtung fehlten die Mittel und die Leidenschaft, um das sich anbahnende Debakel zu verhindern. „Das ist absolut eine Sache der Einstellung“, ärgerte sich Daniel Fröhlich deutlich über die fehlende Gegenwehr und die Führungslosigkeit in seinem Team. Nahezu jeder Tiefenball der Schanzerinnen, die zuvor in der gesamten Saison erst sechs Treffer erzielt hatten, führte zu weiteren Gegentoren. Die Stimme des diesmal als Stadionsprecher eingesprungenen Sportlichen Leiters Markus Graskamp wurde von Tor zu Tor immer trauriger und leiser. Erst musste er in der 68. Minute das 0:4 von Nadja Burkard durchsagen. Nele Schmidt hatte den Ball beim Rettungsversuch an den Pfosten gelupft, dann hatten aber weder sie noch Lilly Stojan entschlossen reagiert und Burkard konnte abstauben. Dann „flüsterte“ Graskamp die beiden Tore zum 0:5 (74.) und 0:6 (90+1.) von Pija Reininger ins Stadionmikrofon. Während die nach 65 Minuten auf den Platz gekommene Stürmerin das Ingolstädter Spiel noch einmal richtig belebte, verpufften sämtliche Gütersloher Wechsel wirkungslos. Einmal mehr wurden die Langzeitverletzten Shpresa Aradini und Marie Schröder vermisst, und mit Celina Baum saß nach ihrer in Freiburg erlittenen Kopfverletzung eine weitere Stammspielerin auf der Zuschauertribüne. Zu allem Überfluss humpelte Jacqueline Baumgärtel eine Viertelstunde vor Schluss vom Platz; die mit sieben Treffern beste Torjägerin der Liga hatte sich bei einem mit Gelb bestraften Einsteigen gegen Emma Kusch selber am Fuß verletzt. Bevor es für den FSV in der 2. Frauen-Bundesliga mit der Partie in Nürnberg weitergeht (8.Dezember) bestreitet er noch ein Freundschaftsspiel. Am Sonntag, 1. Dezember, empfängt er um 14 Uhr im Sportzentrum Ost mit der SpVg. Aurich den Tabellenführer der Oberliga Niedersachsen. FSV Gütersloh: Rolle – Schmidt, Stojan, Hokamp, Kappmeier (87. Zitzer) – Leubner (87. Tappe), Schuster, Tellenbröker, Preuß (87. Bartling) – Baumgärtel (75. Bultmann), Kılıç (65. Wisniewski). Im Aufgebot: Krumme (Tw). FC Ingolstadt: Maier – Timmermann (83. Wolski), Krist (75. Penzkofer), Fritz, Härtl – Schwarz (75. Vidovic), Slipcevic (83. Galvez Estrada), Reischmann, Kusch (65. Reininger) – Ebert, Burkard. Im Aufgebot: Schmittmann, Bogenschütz, Winter, Daum (Tw). Schiedsrichterin: Monique Panetta (Bad Frankenhausen); Gelbe Karten: Leubner, Schmidt, Baumgärtel – Krist. Ecken: 2:4 (1:3); Chancen: 2:9 (1:4). Tore: 0:1 (30.) Kusch, 0:2 (39.) Krist, 0:3 (49.) Reischmann, 0:4 (68.) Burkard, 0:5 (74.) Reininger, 0:6 (90.+1) Reininger.